
Quantum-enabling Services und Tools für industrielle Anwendungen (QuaST)
Das Projekt QuaST ermöglicht kleinen und großen Unternehmen einen niedrigschwelligen Zugang zu Quantencomputern.
Zuverlässige und sichere Quantenanwendungen
Im Forschungskonsortium »Quantum-enabling Services und Tools für industrielle Anwendungen« (QuaST) arbeiteten zehn Projektpartner daran, den Zugang zum Quantencomputing (QC) für kleine und große Unternehmen zu erleichtern. Perspektivisch können quantengestützte Lösungen industrielle Optimierungsprobleme erheblich voranbringen und damit Zeit und Geld sparen.
Allerdings sind QC-gestützte Lösungen aktuell noch nicht für die breite Masse von industriellen Anwendern verfügbar. Dies liegt nicht nur an den Limitierungen der Quantencomputing-Hardware, sondern auch daran, dass tiefgehendes Informatik- und Physikwissen notwendig ist, um aktuelle Quantencomputer programmieren zu können. Bisher fehlte ein niedrigschwelliger Zugang zu QC-gestützten Lösungen für Endanwender.
Einfacher Zugang zu Quantencomputing für Unternehmen
Das QuaST-Projekt hat im Rahmen seiner Forschungsarbeit Tools entwickelt, um kleinen und großen Unternehmen einen niedrigschwelligen Zugang zu Quantencomputern zu ermöglichen. Von 2022 bis 2024 vereinte es zehn Partner aus Wissenschaft und Industrie, um diese Herausforderung im Bereich der kombinatorischen Optimierung anzugehen. Industrielle Endanwender sollen mit minimalen Kenntnissen von QC-Hardware und QC-Software automatisiert leicht zugängliche und verlässliche QC-gestützte Lösungen für ihre Anwendungsprobleme bekommen.
Über eine Laufzeit von drei Projektjahren wurden zahlreiche Anwendungsfälle untersucht, wobei verschiedene Methoden aus der Literatur sowie aus dem Konsortium zum Einsatz kamen. Der QuaST Best Practice Guide vereint das umfassende Fachwissen, das durch die Zusammenarbeit von über 30 Forschenden und Expertinnen und Experten aus der Industrie erworben wurde, und fasst zentrale Ergebnisse aus mehr als 20 Publikationen zusammen.
Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Projekt QuaST bündelte Kompetenzen aus mehreren Fraunhofer-Instituten, dem Department of Computer Science der Technischen Universität München (TUM), dem Leibniz-Rechenzentrum (LRZ), dem Experten für Hardware-Software-Co-Design IQM, sowie dem QC-Betriebssystem-Experten ParityQC und den Anwendungspartnern Infineon und DATEV. Die Leitung des Projekts lag beim Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS.

Der QuaST Best Practice Guide
Mit dem QuaST Best Practice Guide legt das Konsortium die Ergebnisse seiner Arbeit vor.
Laden Sie den vollständigen Guide herunter oder lesen Sie hier die Executive Summary.
Sechs Ergebnisse des QuaST-Projekts
Ein Quantenvorteil für allgemeine NP-schwere kombinatorische Optimierungsprobleme ist unwahrscheinlich. Daher bringt QuaST Partner aus Wissenschaft und Industrie zusammen, um spezialisierte, QC-gestützte Lösungen zu untersuchen, die auf spezifische industriell relevante Anwendungsfälle zugeschnitten sind.
Ausgehend von der Untersuchung verschiedener Anwendungen von Logistik über Energienetze bis hin zur Softwareverifikation hat das Projekt sechs zentrale Erkenntnisse formuliert. Diese zeigen Wege auf, die die Forschung zu QC-gestützten Algorithmen für kombinatorische Optimierung verfolgen sollte.

- Bis heute gibt es keinen Quantenvorteil (exponentiell, polynomiell oder als Vorfaktor) für allgemeine industriell relevante Optimierungsprobleme. Ein vielversprechender Weg ist die Anpassung von Algorithmen an spezifische Probleme. Dies erfordert Tests und Benchmarking gegen spezifische klassische Algorithmen. Um die Suche nach Quantenvorteilen zu unterstützen, sind Softwaretools erforderlich, die die verschiedenen Teile des Lösungsprozesses integrieren. Sie ermöglichen skalierbare Tests und Benchmarking bis hin zu mittelgroßen Probleminstanzen und finden Lösungswege, die produktive Solver inspirieren können.
- Standardlösungen mit variationellen Quantenalgorithmen (VQA) erfordern problemspezifische Anpassungen, um nützliche Ergebnisse zu erzielen.
- Die Modellierung industrieller Problemstellungen ist komplex und mit hohem manuellem Aufwand verbunden. In QuaST haben wir die Bandbreite an Anwendungsfällen erweitert, die sich in QC-fähige Modelle übersetzen lassen. Der QuaST Decision Tree ist ein speziell entwickeltes Tool, um das benötigte Fachwissen und den manuellen Aufwand bei der Bearbeitung industrieller Optimierungsprobleme zu reduzieren.
- Für das Quantencomputing in der Noisy Intermediate Scale Quantum-Ära ist der Umgang mit komplexen Nebenbedingungen eine Herausforderung. Eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche QC-gestützte Algorithmen sind effektive und effiziente Kodierungen für QC-gestützte Algorithmen mit einem vorteilhaften Anteil an erlaubten Lösungen im Suchraum.
- Wenig spezialisierte oder metaheuristische klassische Optimierungsmethoden haben Schwierigkeiten, gute Parameter in QC-Kostenfunktionen zu finden. Es müssen Strategien entwickelt werden, um gute Parameter für parametrisierte Quantenschaltkreise zu finden (z. B. fixierte Rotationswinkel, gute Initialparameter, spezialisierte Optimierer). Einige dieser Strategien wurden im Rahmen des QuaST-Projekts weiterentwickelt.
- VQAs erzeugen Bitstrings, die mit hoher Unsicherheit behaftet sind. Die aus Quantenalgorithmen extrahierten Korrelationen sind stabiler als die Bitstrings, die direkt aus den VQA-Ausgaben gewonnen werden, und liefern vielversprechende Ergebnisse (z. B. in Algorithmen wie Relax-and-Round und QUBO-Shrinking). Sie könnten einen Weg zur besseren Nutzung der im Quantenzustand enthaltenen Informationen eröffnen.
Den Herausforderungen der QC-gestützten kombinatorischen Optimierung begegnen
Zu einer realistischen Sichtweise auf die kombinatorische Optimierung gehört auch, zu betonen, wie schwierig es ist, mit QC-gestützten Methoden gute Lösungen für Optimierungsprobleme zu finden. Alle Schritte des Lösungsprozesses müssen in wechselseitiger Abhängigkeit voneinander hochgradig optimiert werden, einschließlich der klassischen Teile und der quantenklassischen Schnittstellen und Übergangspunkte.
Die Auswahl eines Algorithmus und die Verbesserung seiner Leistung durch problemspezifische Anpassungen sind entscheidende Schritte für den erfolgreichen Einsatz von Quantencomputern für industrielle Anwendungsfälle. Angesichts der Vielzahl der verfügbaren Algorithmen kann dies eine gewaltige Aufgabe sein, die umfangreiches Fachwissen in verschiedenen Bereichen wie Physik, Mathematik und Informatik erfordert. Selbst mit dem richtigen Algorithmus wird dessen Leistung erheblich durch die Wahl der Hyperparameter, Optimierungsmethoden und Kodierung (z. B. Penalty-Terme) beeinflusst. Daher ist eine ganzheitliche Betrachtung der Lösungspipeline notwendig.
Um diese Komplexität zu bewältigen und eine systematische Untersuchung und Einrichtung von Algorithmen zu ermöglichen, haben die Partner des QuaST-Projekts den QuaST Decision Tree entwickelt. Dieses Software-Framework führt die Nutzer durch den Auswahl- und Verbesserungsprozess eines Algorithmus und bietet einen strukturierten Ansatz zur Beantwortung wichtiger Fragen zum Problem, zum Algorithmus und zur Optimierungsstrategie. Letztlich führt dies zur Auswahl geeigneter Lösungspfade für spezifische Anwendungen.
Der QuaST Decision Tree
Der QuaST Decision Tree sammelt, vereinfacht, organisiert und automatisiert die zahlreichen Entscheidungen auf dem Weg von der Anwendung zu einer QC-optimierten Lösung. Die baumartige modulare Struktur kann interaktiv genutzt werden, wobei der Benutzer die erforderlichen Eingaben macht, frei wählt oder die Empfehlungen akzeptiert, die dem Entscheidungsbaum von konfigurierbaren Unterprogrammen (z. B. zur Kodierung) vorgegeben werden. Der flexible und modulare Rahmen kann alle für die Lösung von Optimierungsproblemen erforderlichen Rechenaufgaben übernehmen. Verschiedene Module können als »Empfehlungsmaschinen« integriert werden und sogar kommerzielle Software umfassen. Somit kann der QuaST Decision Tree Schnittstellen zu jeder anwendungsorientierten Optimierungsroutine bereitstellen.

Vom Beginn des QuaST-Projekts an hat das Konsortium daran gearbeitet, die Bedürfnisse von Endnutzern und Forschern zu berücksichtigen. Der erste Entwurf des QuaST-Decision-Tree-Frameworks stammt schon aus der ersten Projekthälfte. Im Rahmen weiterer Forschungen wurde das ursprüngliche Layout auf Stabilität, Flexibilität und Robustheit getestet und überarbeitet. Das Endergebnis des Projekts ist ein einheitliches, leichtgewichtiges Software-Framework, das über das QuaST-Projekt hinaus weiterentwickelt wird. Es deckt alle notwendigen Funktionen von der Anwendung bis zum Aufruf der Hardware ab und umfasst folgende grundlegende Knoten:
- Problemimport:
Importieren Sie ein Problem aus einer einfachen JSON-Datei oder generieren Sie eine zufällige Instanz vordefinierter Problemklassen. - Kodierung:
Codieren Sie das Problem direkt oder über einen zwischengeschalteten kodierungsunabhängigen Schritt in eine QUBO-Formulierung. Bei Problemen mit Nebenbedingungen umfasst dies die Auswahl von Koeffizienten für Penalty-Terme. - Algorithmenauswahl:
Auswahl eines variationellen Quantenalgorithmus oder Generierung eines Vergleichsbenchmarks mit klassischen Grundmethoden wie Tabu-Sampling oder auch Brute Force. - Hyperparameterauswahl:
Optimierung des Algorithmus durch Auswahl der erforderlichen Hyperparameter wie Tiefe und Typ des Ansatzes, Mixer-Hamiltonian usw. - Backend-Auswahl:
Auswahl eines Simulator-Backends oder, je nach Zugang, eines realen Quantencomputers, an den das Problem gesendet werden soll.
Der QuaST Decision Tree liefert Empfehlungen in Form von Standardoptionen für die Verzweigungen des Entscheidungsbaums. Er schafft so den erforderlichen Rahmen für die Automatisierung des Algorithmus-Erstellungsprozesses auf verschiedenen Ebenen. Er ist so konzipiert, dass er jederzeit um eigene Empfehlungsroutinen, Methoden usw. erweitert werden kann. Dank seines modularen Aufbaus können alle Informationen zur Problemstellung leicht geändert, vor- und nachbearbeitet werden. Die Software befindet sich in einer Alpha-Phase mit einer ständig wachsenden Anzahl von Funktionen wie Batch-Verarbeitung, Zerlegungsschritten und der Einbindung spezieller Methoden aus dem QuaST-Projekt. Weitere Entwicklungen umfassen die Integration mit verschiedenen Software-Stacks wie dem Munich Quantum Portal, das einen kombinierten Zugriff auf Quantencomputer und herkömmliche Hochleistungsrechner ermöglicht.
Möchten Sie mehr erfahren? Lesen Sie den vollständigen QuaST Best Practice Guide.
Die Projektpartner
- Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V. (FhG) mit den Fraunhofer-Instituten IKS, AISEC, IIS und IISB
- Technische Universität München (TUM)
- Leibniz-Rechenzentrum der Bayrischen Akademie der Wissenschaften (LRZ)
- IQM Germany GmbH
- Parity Quantum Computing Germany GmbH (ParityQC)
- Infineon Technologies AG
- DATEV eG
Projektträger: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Weiterführende Informationen
Der QuaST Best Practice Guide
Im Best Practice Guide finden sie die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts – kompakt für Sie zusammengefasst.
»Unternehmen sollen vom Quantencomputing profitieren«
Das Projekt QuaST (Quantum-enabling Services und Tools für industrielle Anwendungen) geht an den Start. Die Leitung des Projekts liegt beim Fraunhofer IKS. Verantwortlich für QuaST ist PD Dr. habil. Jeanette Miriam Lorenz, Abteilungsleiterin am Fraunhofer IKS. Sie erklärt, um was es im Projekt geht.
Schwere Probleme leicht lösen – aber zuverlässig!
Quantencomputing hat immer noch den Ruf einer sehr experimentellen Spitzentechnologie, und doch arbeitet das Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS daran, deren immenses Potenzial für die Industrie nutzbar zu machen. Ein Beispiel dafür ist das Projekt QuaST.
Es geht ums Ganze: QuaST im Endspurt
Wie können Unternehmen die Vorteile von Quantencomputing nutzen – und das unabhängig von ihrer Größe und möglichst einfach? Methoden dafür entwickeln die Partner des Projekts QuaST, das jetzt ins sein abschließendes Jahr geht.
Kontakt

PD Dr. habil. Jeanette Miriam Lorenz
Projektleiterin des QuaST-Projekts
Abteilungsleiterin Quantum Computing am Fraunhofer IKS
Hansastr. 32
80686 München
Telefon +49 89 547088-334
Dieses Projekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
